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THEATER

Webdesign: Veronica Schiavo

veronicaschiavo(at)gmail.com

 

Adresse: Theater X Wiclefstraße 32, 10551 Berlin

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10 Thesen für eine andere 

eXit-Strategie

CommUnity

gegen Corona Kapitalismus

Spielzeit in der Pandemie

ITALIANO

ENGLISH

Frieden braucht Bewegung 

19.03.2020

 

Theater X: CommUnity Kultur gegen Corona Kapitalismus

 

Wir machen uns sorgen. Um uns selbst, unsere Geliebten, unsere Arbeitskolleg*innen, unsere Communities, um die Gesellschaft und um die, die am meisten von CoVid 19 verletzbar sind. Wir machen uns Sorgen um die ökonomischen Folgen unter denen Kulturschaffende und alle Arbeiter*innen leiden werden. Wir Sorgen uns auch insbesondere um unsere Pflegekräfte, Krankenschwestern und Ärzt*innen und das Leid, dass die gesundheitlich anfälligsten unter uns erfahren werden.  Wir machen uns Sorgen um die notwendige politische Kulturarbeit die wir leisten wollen und müssen und um die Bewegungen, die so Notwendig sind - allein wegen Hanau oder der politischen und humanitären an den Grenzen der Türkei und Griechenland. Die Probleme sind nicht einfach weg, im Gegenteil: sie werden sich drastisch zuspitzen. Damit beschäftigen wir uns und versuchen deshalb unsere Strukturen flexibel an eine sich schnell verändernde Lage anzupassen. Wir halten unsere  Strukturen aufrecht damit wir uns um einander, unsere Familien und Freunde, um unseren Betrieb, unsere Communities, unsere Klasse und unsere Bewegung kümmern können. 

 

Unsere Veranstaltung in der Ufafabrik Wessen Zukunft?! am 1-4. April wird abgesagt. Dadurch fallen alle geplanten Veranstaltungen aus: die Premiere von DestiNation Unknown des Club Al-Hakawati, Apocalypse Yesterday von NeXt Generation, die Aufführung La Plaga des Teatro Trono und Kompanie X, sowie die Diskussionslounge Wessen Geschichten werden erzählt?, die FESTIWALLA ConferAction und das Projekt MeerMauer.

Unsere Freunde vom Teatro Trono aus Bolivien, dem Basta Theater aus Palästina, Tra i Binari und Teatri di Vita aus Italien grüßen wir solidarisch! Sie wären eigentlich für Wessen Zukunft?! angereist, und mussten ihre Reisen canceln. 

 

Die Arbeit an unseren Stücken  geht weiter: per Telekonferenzen und Chats. Wir koordinieren Recherchen, die alle zuhause machen und haben viele andere Wege der Zusammenarbeit aus der Entfernung, die wir gerade von Tag zu Tag lernen und entwickeln. 

 

Im Mai wollen wir Euch die Ergebnisse dieser Arbeit an unseren aktuellen Stücken, DestiNation Unkown und Apokalypse Yesterday, präsentieren! Wenn es die Situation erlaubt, klassisch als Bühnenaufführung… und sonst in anderer Form, digital, per Livestream oder wie auch immer… wir werden eine Form finden!

 

Unsere örtliche Homebase in der Wiclefstraße in Moabit bleibt vorerst vorübergehend geschlossen.

 

Am besten folgt ihr uns Digital auf Instagram, Facebook  -für News und vieles mehr - da arbeiten unsere Öffentlichkeitsabteilung (ÖA), Film X, unsere Ensembles und AGs eng zusammen um euch in Quarantäne oder Lockdown zu informieren, zu animieren, zu amüsieren und zu agitieren.

 

Denn, wir haben als Theater X unseren Betrieb nicht eingestellt sondern umgestellt:

 

- um uns gegenseitig zu schützen und unseren Beitrag dazu zu leisten die schnelle Ausbreitung des Virus einzudämmen, damit die Gesundheitsvorsorge weniger belastet wird wenn die Ausbreitung der Krankheit sich zuspitzt - das ist was mit “flattening the Curve” gemeint ist;

 

- um uns Digital und anderswie praktisch und kreativ zu vernetzen, und unsere Strukturen aufrechtzuerhalten - eine Herausforderung die wir annehmen; 

 

- um solidarisch mit Support Strukturen aufeinander, unsere Communities und Nachbarschaften aufzupassen: 

 

- um politische und praktische Forderungen zu entwickeln für eine Rundum Fürsorge für alle Betroffenen während und nach diesem Ausbruch, und uns mit anderen zu verbinden um sie durchzusetzen;

 

- um, mit der Fortsetzung unserer politischen und kulturellen Arbeit mit anderen Mitteln, erstens, eine kollektive, politische und kulturelle Reaktion auf die jetzige Krise, den Umgang damit und dessen Ursachen zu entwickeln, und zweitens, um uns auch weiter den anderen Themen und Konflikten zu widmen die gerade brennen und die Corona nicht Überwinden wird sondern nur wir;

 

- um für die Zeit nach Corona, die eine heftige Zuspitzung dieser alten und noch einiger neuer Konflikte mit sich bringen wird, gut vorbereitet zu sein


CommUnity? Forever!


10 Thesen für eine andere  eXit-Strategie

10 Thesen für eine andere  eXit-Strategie*

Die Verachtung der Geflüchteten und die Forderung nach Wohnungen statt Lagern.​

Die Grenzen des Nationalismus und die Vorzüge der internationalen Solidarität.​

Das Gift des Rassismus... der Feind steht immer noch Rechts.​

Die Individualisierung der Verantwortung oder die Solidarisierung der Communities.​

Das Versagen der Regierenden und das Problem mit dem System.​

Die Träume der Autoritären und der Kampf um unsere Bürger*innen

rechte.​

Die Krankheiten der Nahrungsmittel-industrie und die Notwendigkeit einer anderen Agrarpolitik.​

Die Krise und das Kapital. Social Ownership als Exit-Strategie.​

Die Kommerzialisierung von Gesundheit als Ware und die “Systemrelevanz” einer Gesundheits-versorgung für alle.​

Die Kosten der Krise und die Gegenwehr der Klasse.​

*Der ganzer Text unterladen

MITTWOCH

10.07

1. Das Versagen der Regierenden und das Problem mit dem System.

 

Die Regierenden haben versagt. COVID 19 ist schlimm. Die Reaktion der Regierenden haben es noch schlimmer gemacht. Und zwar beträchtlich. 

Sie reagierten mit verantwortungsloser Gleichgültigkeit, als Virolog*innen sie schon vor Jahren vor den Gefahren, und Ärzt*innen vor den Unzulänglichkeiten der globalen Gesundheitsversorgung, warnten.

Sie reagierten mit krimineller Fahrlässigkeit, als sie den Ausbruch in Wuhan, China, zuerst geheim hielten und klein redeten, und im Westen als “Chinavirus” rassistisch umdeuteten, oder als “nicht schlimmer als die einfach Grippe” herunter spielten, um dann, aus dem sicheren Abstand ihrer Nationalstaaten, jeder für sich, die Ausbreitung des Killervirus in aller Ruhe auf sich zukommen zu beobachten.

Sie reagierten mit unverzeihlicher Nachlässigkeit, als sie den von Wissenschaftler*innen und Ärzt*innen dringend geforderten Maßnahmen nur zögernd, schleppend und erst Stück für Stück ihre Aufmerksamkeit und schließlich ihre Zustimmung schenkten. Politik und Profite standen immer vor Gesundheit ganz oben auf ihrer Prioritätenliste.

Und das ist das Kernproblem. Die Regierenden haben versagt. Ihre Gleichgültigkeit gegenüber und ihre Fahrlässigkeit und Nachlässigkeit im Umgang mit der Pandemie, sind kein Ausrutscher, sondern haben System.

Das Immunsystem der Weltbevölkerung wurde in den letzten Jahrzehnten erheblich geschwächt. Neoliberale Schocktherapie, Sozialkahlschlag, Machtmissbrauch, Leistungsdruck und körperliche, mentale, und ökologische Ausbeutung haben sie stark belastet. Das wirkt sich auf die Corona-Statistik aus: Die Schwächsten der Gesellschaft sind am stärksten betroffen.  

Die Kommerzialisierung der Nahrungsmittelindustrie produziert als Nebenprodukt immer gefährlichere Erreger mit lebensgefährlichen Nebeneffekten. Der SARS-CoV-2 Erreger und die COVID-19-Erkrankung sind davon lediglich die aktuellsten, verursacht durch eine abartige Produktionsweise. 

Dagegen fehlt die nötige Abwehr. Die Kommerzialisierung der Gesundheitsversorgung hat die technischen und personellen Ressourcen, die wir für unsere Heilung brauchen, lokal, global und radikal abgebaut, ein Preisschild drauf geklebt, und die Bedürftigen beraubt.   

Die Pandemie hat verdeutlicht, dass Menschen auf soziale Solidarität angewiesen sind. Aber die herrschende neoliberale Ideologie der letzten 50 Jahre hat alles dafür getan, die soziale Vereinzelung der Menschen zu fördern und das Verantwortungsbewusstsein der Gesellschschaft und ihre Widerständigkeit zu schwächen. 

Es sind diese und andere schon bestehende neoliberale Vorerkrankungen, die uns heute zur Last fallen. Sie entstehen aus einer Erbkrankheit: der Profitsucht des kapitalistischen Systems, das die besten Bedingungen für die Ausbreitung und die tödliche, destabilisierende Wirkung des Virus bietet.

Der Virus ist also nicht das einzige Problem. Das Problem hier ist das System. 

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2. Die Individualisierung der Verantwortung oder die Solidarisierung der Communities.

 

Jetzt stecken wir “zu Hause” fest. Und es macht keinen Spaß. Auch nicht mit tonnenweise Klopapier. 

Was heißt “Zuhause”? Der ‘Terminator’, Ex-Gouverneur von Kalifornien und Multimillionär Arnold Schwarzenegger forderte vom Jacuzzi im Garten seiner Villa aus die Menschen dazu auf, zwecks Social Distancing zu Hause zu bleiben. Richtige Message, scheiß Location. 

Nicht für ihn. Sondern für die Message an die Leute die keinen Jacuzzi, keinen Garten, und keine Villa haben, die in kleinen Wohnungen mit vielen Menschen wohnen, in denen sie häusliche Gewalt erleben, in denen sie sich sorgen, wie sie die nächste Miete bezahlen. Oder für die Menschen, die in Lagern für Geflüchtete auf engstem Raum wohnen, oder die, die gar keine Wohnung haben, und auf der Straße leben.  

“Es kommt auf jede*n Einzelne*n an” heißt so etwas wie “jede*r sollte sich um sich selbst kümmern”. Statt die neoliberale Ideologie der Eigenverantwortung zu schlucken und die auf der Straße als ‘The Walking Bad’ zu denunzieren, brauchen wir einen solidarischen Umgang mit Menschen, für die zu Hause zu bleiben nie Sicherheit bedeutet hat. Statt moralisierenden Zeigefingern, polizeistaatlicher Willkür und rechtsstaatliche Sanktionen brauchen wir Community-Organisation und sozialstaatliche Unterstützung für die Bedürfnisse der Bedürftigen. Das gilt auch für die Zeiten nach diese Krise. 

Statt #StaytheFuckatHome heißt es für uns: #LeaveNoOneBehind.

SAMSTAG                13. MAI       ab 15:00 Uhr

 SAMSTAG  13. MAI   15 Uhr

3. Die Grenzen des Nationalismus und die Vorzüge der internationalen Solidarität.

 

In dieser globalen Krise, die nach einer koordinierten globalen Lösung schreit, zeigt sich die ‘Internationale Gemeinschaft’ als eine Ansammlung von bitter konkurrierenden Nationalstaaten. Die Nationalist*innen applaudieren: Burg-Mentalität, d.h. Abschottung, ist angesagt.  

Grenzschließungen wurden angeordnet, ohne sich um die zigtausend geflüchteten und flüchtenden Menschen zu sorgen, die an den Grenzen gestrandet sind. Diese Maßnahmen waren nicht nur sinnlos - vielerorts war der Virus schon im Lande, als sie beschlossen wurden. Sie sind menschenverachtend - Geflüchtete werden dadurch der vollen Wucht der Seuche gnadenlos ausgesetzt. 

Grenzwertiges Verhalten prägt die Konkurrenz der Nationalstaaten und ihrer Geschäftsleute um die Mangelwaren Tests, Schutzausrüstung, und Beatmungsgeräte. Auf dem globalen Marktplatz und im nationalen Binnenmarkt wird hart gehandelt und Wucherpreise werden verlangt. Es gibt die üblichen Krisengewinnler. Alles deutet auf einen Wettkampf zwischen den Pharmakonzernen für einen Impfstoff hin, der riesige Profite verspricht, statt auf die Kooperation der internationalen Wissenschaft, um diesen zu finden. 

Grenzschließungen, die Millionen Menschen ohne Schutz zurücklassen und ihnen das Recht auf Körperliche Unversehrtheit absprechen und die grenzwertige Konkurrenz der Nationalstaaten und Konzerne, die eine koordinierte internationale Gegenwehr verhindert, sind für uns die Grenzüberschreitungen, die wir nicht hinnehmen können und wollen. 

Wir lehnen die nationale Abschottung durch Grenzschließungen und deren nationalistische Begleitmusik ab. Sie ist keine Alternative zu einer brutalen neoliberalen Globalisierung, sondern die andere Seite der gleichen kapitalistischen Medaille. Beide bevorzugen Profite vor Menschen und beide versagen bei der Bekämpfung der Pandemie. Die Opfer sind immer die Schutzsuchenden. Ob global oder national, das Problem bleibt und heißt für uns: das Kapital. 

Unsere Solidarität ist grenzenlos. Das heißt Grenzen öffnen!, damit Geflüchtete den Schutz kriegen, den sie suchen. Es bedeutet grenzübergreifende, transnationale Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler*innen, die ihre Skills und ihr Wissen untereinander, genauso wie mit staatlichen Gesundheitsbehörden und mit lokalen Community-Netzwerken teilen, und gemeinsam Strategien entwickeln und koordinieren. Das wäre viel effizienter, als das Chaos, das wir gerade erleben. Es würde Menschenleben retten. Das bedeutet Internationale Solidarität.

4. Die Verachtung der Geflüchteten und die Forderung nach Wohnungen statt Lagern.

 

Es ist gut, wenn ein deutscher Außenminister wegen der Coronakrise 100.000 Urlauber*innen über eine Luftbrücke nach Deutschland zurückholen, aber eine Schande, wenn er gleichzeitig Geflüchtete in den Lagern, in Kriegsgebieten, auf Inseln und an der türkisch-griechischen Grenze verrecken lässt. Deutschland hat nicht nur seine Grenzen geschlossen, sondern dazu noch mehrfach verriegelt und verbarrikadiert: alle humanitären Rettungsaktionen wurden ersatzlos gestoppt und das Asylrecht praktisch ausgesetzt. Die Asylsuchenden in den Lagern werden in ihrer Verwundbarkeit alleine gelassen. Für sie bedeutet der Lockdown: Lockout. 

Lager sind, wie Gefängnisse, ein Heimspiel für den Virus. 

In den Geflüchteten-Lagern der Welt ist zweimal Happy-Birthday-Singen einfach, aber das bloße Händewaschen schwierig, weil es schlicht an Seife und ausreichend sauberem Wasser fehlt. Social Distancing ist wegen Überfüllung und Enge fast unmöglich, ein schlechter Witz. 

In den Lagern in Deutschland wird es auch eng - und laut. Flüchtlingsräten bundesweit mangelt es an effektivem Infektionsschutz für die Bewohner*innen. Ein Coronafall ist das Einfallstor für alle und bedeutet oft Quarantäne für hunderte Lagerbewohner*innen. Viele Geflüchtete halten es nicht aus. Und warum sollten sie?

Es gibt allein in Deutschland über zwei Millionen leerstehende Wohnungen. Um allen Geflüchteten die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu schützen und die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, wäre es am besten, die Lager zu schließen und die Menschen in diesen Wohnungen unterzubringen. Dann würde allerdings der Gedanke aufkommen, warum das nicht grundsätzlich möglich ist, auch nach der Coronakrise. Eben.

5. Das Gift des Rassismus... der Feind steht immer noch Rechts.

 

Schon immer haben Rassist*innen versucht, Migrant*innen oder religiöseN Minderheiten die Schuld für den Ausbruch von Seuchen anzuhängen. Sie werden als Seuchenträger dargestellt, wie insbesondere die Geschichte des Antisemitismus in Deutschland illustriert. Faschist*innen knüpfen daran und legen eins drauf: sie stellen diese Minderheiten selbst als Parasiten oder Seuchen dar, die den ‘gesunden Volkskörper’ angreifen, um damit den ‘Volkstod’ der ‘Einheimischen’ herbeizuführen. In diese Mottenkiste rassistischer Märchen und völkischer Mythologie greifen die Rechtspopulist*innen und Neonazis auch heute, wenn sie versuchen, der CoviD-19-Pandemie eine Nationalität zu verpassen oder mit ‘unkontrollierter Migration’ in Verbindung zu bringen. Diese Hetze von den heftigsten Rassist*innen und den übelsten Home-Office-Neonazis im Netz kann mensch täglich zigfach erleben, dank Lockdown noch verstärkt

Die rechtspopulistischen und faschistischen Parteien in Europa, die sich in Opposition befinden, scheinen wenig vom Coronavirus profitiert zu haben. Die AfD setzte auf Hetze zum Thema Grenzschließungen, die Regierung aber war schneller. Dazu kam noch der interne Konflikt um den Höcke-Flügel. Sinkende Umfragewerte sind das Ergebnis. Ähnlich geht es vielen ihrer europäische Kamerad*innen. Das ist zu begrüßen. 

Es sollte aber keine Beruhigung sein: dort wo sie im Amt sind, sind sie entweder Corona-Leugner*innen, wie Bolsonaro in Brasilien, oder nutzen Notstandsgesetze, um Diktaturen zu errichten, wie Viktor Orban In Ungarn. Raider heißt jetzt Twix: obwohl der Höcke-Flügel sich offiziell in Auflösung befindet, bleiben seine einflussreichen Schlüsselfiguren und seine Anhänger*innen in der Partei, und im Schatten der Coronakrise formieren sie sich neu, um weiterhin ihren Einfluss geltend zu machen. Und obwohl die Rechte es gerade schwer zu haben scheint, könnte ein kommender Wirtschaftszusammenbruch einen Nährboden für einen rechten Backlash bilden.

Rassismus tötet. Er ist der Killervirus, unter dem unsere Gesellschaft schon vorher litt. Dagegen gibt es leider keine Impfung. Wir müssen uns daran erinnern, wo wir vor der Pandemie waren. In Hanau ermordete ein rechtsradikaler Killer neun Menschen mit migrantischem Hintergrund in Shisha-Bars und auf der Straße. Es war der neueste deutsche Tiefpunkt in einer scheinbar unendlichen Serie von rechten Gräueltaten weltweit. Wir waren zu dem Zeitpunkt dabei, eine massive Gegenwehr aufzubauen. 

Dann kam Corona, und damit auch die rassistischen Verschwörungstheorien der Rechten. Aber die Erfahrungen mit der Ausbreitung und den Auswirkungen der Pandemie zeigen, dass gerade migrantische Minderheiten und People of Colour besonders betroffen sind, weil sie zu den Armen gehören, die es viel schwieriger haben Social Distancing praktizieren zu können, häufiger Vorerkrankungen und schlechteren Zugang zu gesundheitlicher Versorgung haben, was sie anfälliger für den Virus macht. Sie sind auch viel öfter unter den Beschäftigten im Dienstleistungsbereich und in den Krankenhäusern zu finden, wo sie ihre eigene Gesundheit und ihr Leben riskieren, um uns zu versorgen. 

Trotzdem werden die Rechten versuchen, die kommende Wirtschaftskrise zu nutzen, um ihr rassistisches Gift weiter zu verbreiten. Deswegen bereiten wir uns darauf vor, dort anzuknüpfen, wo wir nach Hanau im Kampf gegen Rechts unterbrochen haben, um ihn mit neuer Schlagkraft wieder aufzunehmen. 

6. Die Träume der Autoritären und der Kampf um unsere Bürger*innenrechte.

 

Wir sind nicht im Krieg, sondern erleben eine Pandemie. 1918 kam das eine mit dem anderen zusammen. Das Elend in den Gräben des Ersten Weltkriegs, Armut und Hunger in den Städten und die Geheimhaltung der Seuche durch die Kriegsführung haben damals erheblich zur Vernichtungskraft der Influenzawelle beigetragen. In Europa und den USA herrscht heute kein Krieg. Wozu dann das Kriegsvokabular, außer um das passende Klima für einen Kahlschlag hart erkämpfter Bürger*innenrechte zu schaffen?

Als die Auseinandersetzung mit der Corona-Pandemie unausweichlich wurde und der Unmut der Bevölkerung unübersehbar, schaltete die Politik plötzlich um - in den Kriegsmodus mit einer vertikalen Schlachtstretegie. Parlamente wurden entmachtet und Minister mit maßloser Macht ausgestattet. Damit wurden Bürgerrechte ausgesetzt und die staatliche Überwachung ausgeweitet. Was passiert aber, wenn diese “vorübergehenden” Machtbefugnisse missbraucht oder verfestigt werden? Das sind historische Grenzverschiebungen - gefährlich angesichts der wachsenden Instabilität dieser Zeit und des Aufstiegs der autoritären Rechten. Was uns Sorgen bereitet, lässt sie wieder träumen. 

China ist für einige von ihnen ein Beispiel für die Vorzüge des Autoritären Staats. Glänzend war die Leistung der Regime aber nicht. Geheimhaltung und das Herunterspielen der Gefahr prägten die entscheidenden ersten Wochen von Corona. Der Wissenschaftler Xi Wenliang, der als erster am 30. Dezember 2019 über die Krankheit berichtete, wurde wegen der „Verbreitung von Gerüchten“ polizeilich gemahnt und bekam einen Maulkorb verpasst. Einen Monat später starb Xi selbst an COVID-19. Erst, als die Lage außer Kontrolle zu geraten drohte, reagierte das Regime, und zwar mit einer drakonisch durchgesetzten Ausgangssperre für Millionen Menschen. Ob die offizielle Erfolgsstatistik stimmt, ist zweifelhaft. Weiterhin ist fakt, dass krank zu werden für die Mehrheit der Chines*innen einem Albtraum gleicht. Die meisten Krankenhäuser sind privat finanziert. Fast ein Drittel der Gesundheitskosten werden von Patient*innen selbst bezahlt. In 2015 waren 44 Prozent der armen Familien durch Krankheitsschulden verarmt. Also kann China für uns kein erstrebenswertes Modell sein.

Weltweit nutzen Regierungen die Lage schamlos aus. In Frankreich inszenierte sich Macron neulich als Kriegsheld, aber sein politisches und ökonomisches Programm bleibt dasselbe. Zu gerne nutzt er die neuen Notverordnungen für Versammlungsverbote, um die Gelbwesten und die Bewegung gegen seine neoliberale Rentenreform von der Straße wegzukriegen.

Für die Law-and-Order-Lobby in Deutschland ist polizeistaatliche Kontrolle wichtiger als sozialstaatliche Unterstützung. Wir erleben eine unverhältnismäßige Polizeipräsenz in Berliner Vierteln, die schon vor der Krise kriminalisiert wurden. Wir erleben mehr Fälle von Polizeiwillkür gegen People of Colour, die schon immer kontrolliert wurden. Wir erleben massive Polizeiaufgebote und Polizeigewalt gegen Geflüchtete, die aus Angst vor Ansteckung ihre Lager verlassen wollen, die schon vor der Krise Übergriffe erfuhren. Wir erleben verstärkte Polizeirepression gegen Aktivist*innen aus der Geflüchteten-Bewegung, die mit Mundschutz und zwei Metern Abstand in kleinen Gruppen demonstrieren, wie wir es schon vor der Krise auf Demonstrationen erlebt haben. 

Datenschutzregelungen sind demokratische Errungenschaften, die schon immer von konservativen und rechtspopulistischen Politiker*innen attackiert wurden. Jetzt stehen sie unter Beschuss. Der angedachte Einsatz von Handy-Apps droht uns zu gläsernen Bürger*innen zu machen und einer allumfassenden staatlichen Überwachung den Weg zu ebnen. Wenn damit Infektionsketten zurückverfolgt werden sollen, warum lassen wir Bürger*innen nicht freiwillig Auskunft geben? Offensichtlich geht es hier um mehr.  

Wo die Reise hingehen kann, zeigt Ungarn. Dort hat Viktor Orban das Parlament durch das Verhängen eines unbefristeten und unkontrollierten Ausnahmezustands faktisch aufgelöst. Die Verbreitung von ‘Falschinformationen’ soll mit fünf Jahren Haft bestraft werden. Das perfide dabei ist: Was falsch ist entscheidet Orban, der selbst die Hauptquelle von Fake News ist. 

Dieser Missbrauch wird durch staatlich organisierte ‘klinische Notoperationen’ anstelle einer breit angelegten Strategie der öffentlichen Gesundheit ermöglicht. Laut des Public Health Kongress Armut und Gesundheit, der 2019 stattfand, brauchen wir, „Identitätsfindung als Public-Health-Community statt Abgrenzung“ sowie „Netzwerkbildung statt Zersplitterung”. Notwendig wäre ein “hohes Maß an Partizipation, Offenheit und Transparenz”, weil “es für alle Beteiligten, aber auch für Außenstehende nachvollziehbar sein soll, wie die Strategie entwickelt wurde und wer beteiligt war”. So ein Ansatz würde uns viel mehr helfen, als ein autoritäres Regime samt militärischer Marschmusik und Kriegsbelletristik.

7. Die Kommerzialisierung von Gesundheit als Ware und die “Systemrelevanz” einer Gesundheitsversorgung für alle.

 

Weltweit applaudieren Menschen auf ihre Balkonen für das Krankenhauspersonal, das rund um die Uhr um unsere Gesundheit ringt. Zu Recht. Die Gesundheitsarbeiter*innen kämpfen um unser Leben und gefährden dabei ihr eigenes. Sie müssen leider gleichzeitig den Schaden bekämpfen, denn die jahrzehntelange Kommerzialisierung dem weltweiten Gesundheitswesen zugefügt hat. 

Das hat sie so geschwächt, dass die Gesundheitsversorgung zusammenzubrechen droht, gerade, als sie am dringendstens gebraucht wird. Mangel herrscht an Schutzausrüstung aller Art, an ausreichend Betten auf den Intensivstationen - kein Wunder angesichts der jahrelangen Sparmaßnahmen unter Kanzlerin Merkel. Es fehlt am nötigen Pflegepersonal. Kein Wunder angesichts von Niedriglöhnen und schlechten Arbeitsbedingungen. Das Kaputtsparen, die Leistungsorientierung und Profitmacherei haben die Krankenhäuser selbst zum Krankheitsfall gemacht. 

Neoliberalisierung würde früher auch ‘Amerikanisierung’ genannt. Weil sie sich von den USA aus in die Welt verbreitete und dort am tiefsten in alle Aspekte des Lebens eindrang. Gesundheit in den USA ist eine Ware. Effizienter ist sie dadurch nicht, sondern schlicht ein Geschäft. Profitorientierte Pharmakonzerne und private Versicherungsfirmen machen Milliardengewinne durch hohe Preise und Gebühren. Das ist schlecht für Arbeiter*innen, die monatlich darum ringen, ihre laufenden Kosten zu zahlen, und unerträglich für die 30 Millionen Unversicherten, die sich die Preise von medizinische Betreuung und Medikamenten nicht leisten können. Dazu kommen im Zuge der Coronakrise Abermillionen Arbeitslose, die ihre betrieblich geregelte Krankenversicherung verlieren. Trotzdem werden alle Veränderungsversuche, wie Obamacare oder Bernie Sanders’ “Medicare for All”-Programm, mit allen Mitteln bekämpft. Da es kein Recht auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt, bedeutet Krankwerden für viele einen Schritt tiefer in die Armut zu tun. Damit sind sie anfälliger für weitere Krankheiten, auch diese. Wenn sie dann müssen, landen sie in Krankenhäusern mit knappen Ressourcen und einem Gesundheitswesen mit konkurrierenden Vertriebskanälen. Die Coronakrise hat diesen Zustand - das Elend der Schutzlosen und die Mängel des Gesundheitswesens - in brutalster Art zum Kippen gebracht. Die chaotischen Szenen des Wettbewerbs zwischen Krankenhäusern und Bundesstaaten um Schutzmasken und Beatmungsgeräte auf dem US- und dem Weltmarkt und die Bilder aus New York von Gefrierwagen für Leichen und anonymen Massengräbern für seine schwächsten Bewohner*innen, die um die Welt gingen, sollten in unsere kollektive Erinnerung eingebrannt bleiben.

Das Modell der USA hat sich als neoliberaler Albtraum entblößt. Zur Nachahmung nicht empfohlen. Wie wir in Europa bitter erleben müssen. Nach der Finanzkrise 2008 wurden Banken in der EU als systemrelevant deklariert und gerettet, aber öffentliche Ausgaben für Soziales, wie die Gesundheitsversorgung, als wachstumshemmend angesehen, mithilfe neoliberaler Konzepte umgebaut und massiv gekürzt. Das Ergebnis in Italien: 15% weniger Krankenhäuser. Und während das Land vor der Krise so viel wie Deutschland für die Gesundheitsversorgung ausgab, ist es heute ein Drittel weniger. Italien hat weniger ein Problem mit seinen Rentner*innen, als mit einem kaputt gesparten Gesundheitssektor. Ähnliche Geschichten spielen sich in Europa und weltweit ab. 

Die Lage in Deutschland ist besser, aber die Neoliberalisierung drückt sich hier unter anderem in akutem Personalmangel aus: es gibt 17000 unbesetzte Stellen und 2019 fehlten 4700 Intensivpfleger*innen. Der Schlüssel liegt bei eine*r Pfleger*in auf 13 Patient*innen weit hinter Ländern wie der Schweiz, den Niederlanden und Dänemark zurück. Statt diesen Mangel aufzuheben fordert die Bertelsmann Stiftung sogar die Schließung der Hälfte aller Krankenhäuser in Deutschland. Kein Wunder, dass laut Umfragen schon vor der Krise 37% der Intensivpfleger*innen vorhatten, demnächst aufzuhören. Schlechter Ausgang für eine Pandemie.

Trotz lobender Wörter für die Held*innen im Dienst hat die Bundesregierung keine Kurskorrektur eingeleitet. Fassungslos zeigte sich die Hamburgische Krankenhausgesellschaft, über eine "erbsenzählerische, kleinkrämerische Erweiterung eines an sich schon dysfunktionalen Finanzierungssystems” für das Gesundheitswesen. Und für die Asklepios Kliniken sei es "komplett unverständlich, dass der Bundesgesundheitsminister in der historischen Krise nicht alles daran setzt, das Gesundheitssystem in Deutschland sturmfest zu machen". 

Das ist nur verständlich, wenn wir bedenken, dass der Minister von der gleichen neoliberalen Politik geleitet wird, wie seine Amtskolleg*innen weltweit. Eine Politik mit bitteren Konsequenzen. Wir erleben heute die offizielle Rückkehr eines Begriffs, der von Kriegsschlachtfeldern bekannt ist: die Grausamkeit der “Triage”. Das ist das Aussortieren, wer leben darf und wer sterben muss, wegen einem zu hohen Aufkommen von Patient*innen und zu wenigen zur Verfügung stehenden Ressourcen. Das ist nicht nur ein Begriff, sondern reale Alltagspraxis in Italien, den USA und anderswo. Das ist der eigentliche Horror - dass die Gesundheitsversorgung im 21. Jahrhundert vielerorts den Herausforderung nicht gerecht wird. Und das war vermeidbar angesichts dessen, was vorher war. 

Also: Applaus ist gut, aber die Einstellung von mehr Personal das ausreichend geschützt ist, kürzere Arbeitszeiten und höhere Löhne wären besser. Besser wäre, alle Krankenhäuser offen zu lassen, und ausreichend auszustatten. Besser wäre, wenn Gesundheit ganz oben auf der Prioritätenliste der Ressourcenverteilung stehen würde. Besser wäre ein Ende der Zwei-Klassen-Medizin. Besser wäre ein Ende des neoliberalen Projekts in unseren Krankenhäusern. Gesundheit darf nie wieder eine Ware sein. Dafür müssen wir, wenn wir unsere Balkone wieder verlassen, Zeit und Wege finden, um uns aktiv mit den kommenden Protesten des Krankenhauspersonals zu solidarisieren.

8. Die Krankheiten der Nahrungsmittelindustrie und die Notwendigkeit einer anderen Agrarpolitik.

 

Unser Essen macht uns krank. Das liegt nicht nur an ungesunden Zutaten oder der falschen Ernährung, sondern auch daran, wie Nahrung in der globalisierten Agrarindustrie produziert wird. Und hier liegt die Verbindung zu den neuen mutierten Virenstämmen, die die Menschen immer häufiger heimsuchen.

Die transglobalen Agrarkonzerne forcieren das fortschreitende Eindringen in bisher unberührte ländliche Gebiete mit sensiblen Ökosystemen und zwingen Wildtiere, neuen Lebensraum in der Nähe von Menschen zu suchen. Dadurch werden immer wieder seltene Erreger freigesetzt, die über Zuchttiere als Wirte auf Menschen überspringen. Diese Übertragung von Tier zu Mensch, Zoonose genannt, wird begünstigt und beschleunigt durch die Massentierhaltung der Nahrungsmittelindustrie und der Masse an immungeschwächten Tieren, die sie durch ihre Produktionsweise hervorbringt. In diesen Wirten können die Erreger oft zu neuen gefährlichen Stämmen mutieren. Durch die Nähe zu den Tieren können sich Menschen infizieren, die Viren in die städtische Bevölkerung und Epidemien lostreten, die durch die globale Infrastruktur zu Pandemien werden. Nicht wenige der Seuchen, die uns zur Last wurden, haben ihren Ursprung in diesem Umgang mit der Natur und unserer Nahrungsversorgung. 

Die weitere Ausdehnung der neoliberalen Globalisierung der Agrarindustrie macht Nahrungsversorgung zu einem Höllenritt für die Natur, die Tiere und die Menschheit. Wenn die globalen Agrarkonzerne für den Schaden, den sie dadurch und anderswie verursacht haben, zahlen müssten, wären sie schon längst bankrott. Stattdessen machen sie uns weiter durch ihre Geschäfte krank und scheffeln dabei riesige Gewinne. Das sollten wir ändern. 

Laut Bob Wallace, Evolutionsbiologe und Autor des Buches »Big Farms Make Big Flu«, brauchen wir dafür eine strategische Wiederaufforstung, so dass Tiere sich in ihrem natürlichen Lebensraum fortpflanzen können, und so ihre Immunität weitergeben. Er fordert die Verstaatlichung der Nahrungsmittelindustrie und die Integration der Produktion in die Bedürfnisse der ländlichen Gemeinden, so dass die neuen Virenstämme gar nicht erst entstehen können.

Mit der Fridays for Future Bewegung gingen Millionen meist sehr junge Menschen als Teil einer globalen Bewegung auf die Straße. Die Forderung nach einem menschen-, tier- und umweltgerechten Umbau der Agrarindustrie gehörte schon immer dazu. Nach Corona haben wir noch mehr Gründe, diesen Kampf wieder aufzunehmen. 

9. Die Kosten der Krise und die Gegenwehr der Klasse.

 

Die Pandemie hat die Sichtbarkeit von Arbeiter*innen im Dienstleistungsbereich und die Wertschätzung ihnen gegenüber deutlich erhöht. Politiker*innen schenken ihnen viel Lob. Für ihren eigenen Schutz allerdings müssen sie selbst kämpfen. Und sie tun es, und zwar weltweit. 

Amazon, das an der Coronakrise gut verdient hat, stellte hunderttausende Arbeiter*innen zusätzlich ein, aber sorgte wenig für ausreichenden Infektionsschutz für diese neue oder ihre schon bestehende Belegschaft. Das führte zu spontanen Streiks. Amazon reagierte mit der Kündigung angeblicher Rädelsführer. Ähnliche Streiks gab es von den Fast Food Workers und anderen. Krankenhauspersonal organisierte in zahlreichen Orten der USA Proteste gegen den Zusammenbruch der Versorgung von Schutzausrüstung. 

In Frankreich haben die Gewerkschaften ihre Proteste gegen die schlechte Versorgung in den Krankenhäusern mit der Bewegung gegen Macrons gesamten wirtschaftlichen und politischen Kurs, insbesonderen seine Rentenreform, verbunden. 

Die italienische Regierung hat Geschäfte und Läden dichtgemacht, ließ aber Fabriken und Produktionsstätten offen, oft mit unzureichendem Schutz für die Beschäftigten. Das Entsetzen darüber führte zu einer Welle spontaner Streiks in den Stahlwerken und Werften in ganz Norditalien. Als Metallarbeiter*innen der gesamten Region ihre Arbeitsstellen ohne offizielle Genehmigung verließen, stellte ihre Gewerkschaftsführung ein Ultimatum an die Arbeitgeber und die Regierung. Die Betriebe sollten mit  “sozialen Abfederungen für die Arbeiter*innen”, geschlossen werden, “um alle Arbeitsplätze zu sanieren, zu sichern und neu zu organisieren”. Andernfalls würden sie “einen unbefristeten Streik aus[rufen]”.

 

Die 450 streikenden Beschäftigten der Bekleidungsfirma Corneliani fassten die allgemein herrschende Stimmung gut zusammen, als sie darauf bestanden dass “es keine Gesundheit der ersten und zweiten Klasse geben darf – es gibt nur eine Gesundheit”. 

 

Auch in Deutschland brodelt es unter den Beschäftigten, wie Sylvia Bühler, zuständig für das Gesundheitswesen im ver.di-Bundesvorstand in einer Pressemitteilung zum Ausdruck brachte. “Auch ohne die Extrembelastung der Epidemie  gehen die Beschäftigten allzu oft über ihre eigenen Grenzen hinaus [...]. Es muss damit Schluss sein, dass Klinikträger und politisch Verantwortliche dieses Engagement ausnutzen.” Sie “müssen jetzt das Signal setzen: Wir arbeiten mit Hochdruck an besseren Arbeitsbedingungen. In erster Linie bedeutet das mehr Personal“. 

Proteste, Streiks und die neue Stimmung unter den Arbeiter*innen sind gute Vorboten für eine kämpferische Zukunft. Wir werden sie nötig haben, wenn die Bosse und die Regierenden versuchen, die Kosten für die Wirtschaftskrise auf unsere Rücken abzuwälzen. Und sie werden auch wichtig sein, wenn wir versuchen wollen, eine neue Post-Corona Welt aufzubauen.

10. Die Krise und das Kapital. Social Ownership als Exit-Strategie.

 

Die ökonomische Krise war schon am Kommen. Schon vor der Pandemie bahnte sich eine neue wirtschaftliche Rezession an. Der Kapitalismus erholte sich von einem Beinahe-Kollaps nach der letzten Krise, weil sie mittels billiger, milliardenschwerer Kredite wiederbelebt wurde. Eine Art Zombie-Kapitalismus brachte wieder fette Dividenden ein und das fast kontinuierlich über die letzten zehn Jahre. Gesund war es nicht, und viele wussten, dass es so nicht weiterlaufen konnte. Schon 2019 zitterten die Börsenmärkte wegen schlechter Wirtschaftsdaten, verschärfter Tarife und Handelskriege. 

Dann kam die Pandemie. In den hohen Etagen der Wirtschaft brach blanke Panik aus. Nicht wegen der Lebensgefahr durch Ansteckung, sondern wegen baren Geldes. Diese Panik war ansteckend. Die Börsenmärkte stürzten auf rekordbrechende, historische Tiefwerte. Jetzt stehen die Zinsraten in den USA auf 0%. Massenarbeitslosigkeit kehrt zurück. Der Welt droht eine Depression. Diese Krise wurde zwar vom Ausbruch der Pandemie und dem Lockdown ausgelöst, verursacht und verstärkt wird sie aber durch die innewohnenden Schwächen eines von Krise zu Krise stolpernden Zombie-Kapitalismus.

Die Profitgier dieses Zombie-Kapitalismus ist unersättlich und erbarmungslos. Die Verteidigung ihrer eigenen Profitinteressen ist das einzige Motiv von Kapitalist*innen, die versuchen, dieses Monster zu reiten.

Deswegen verzögerten sie den Lockdown und ließen ihre Belegschaften, auch in nicht systemrelevanten Betrieben, viel zu lang und oft ohne die erforderlichen Schutzmaßnahmen, weiterarbeiten. Deswegen drängen sie voreilig, ohne Rücksicht und Vorsicht per Kurzschluss auf eine Wiederaufnahme der Produktion.

Dabei bedienen sie sich aus den milliardenschweren Rettungspaketen, finanziert aus unseren Steuergeldern, bezahlt von unseren Löhnen, verdient durch unsere Arbeit. Die Erfahrung der großen Rezession nach der letzten Finanzkrise lehrt uns, dass, wie damals, die lohnabhängig Beschäftigten den Großteil dieses Geldes nie wieder sehen werden, zumindest nicht in ihren eigenen Lohntüten

Die hastige Umstellung des Systems, um die Kurve doch zu kriegen, oder besser gesagt, die einzig wichtige Kurve flach zu halten, hat plötzlich offenbart, was eigentlich möglich ist. In Spanien wurde der privatisierte Gesundheitssektor vorübergehend praktisch verstaatlicht. In den USA bezahlt die Zentralregierung jetzt die Löhne, und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall scheint vorübergehend doch möglich. In Deutschland wird das finanzpolitische Ziel der Schwarzen Null vorübergehend aufgegeben.Sozialstaatliche Intervention ist vorübergehend wieder angesagt.

Warum aber nur vorübergehend? Wenn das alles jetzt möglich ist, warum nicht auch danach? Und warum nicht gleich weitermachen? Vielleicht können wir uns jetzt etwas grundsätzlich Neues vorstellen? Vielleicht kommt nach der Phase des ‘Social Distancing’, die klar gemacht hat, wie sehr Menschen aufeinander angewiesen sind, eine Zeit der sozialen Nähe und eine soziale Bewegung, die sich für ‘Social Ownership’, also für die Vergesellschaftlichung der Produktionsmittel einsetzt.

Wir brauchen eine solidarische Exit-Strategie, die uns nicht nur aus der Pandemie heraus führt, sondern aus diesem Zombie-System. Es darf keine Rückkehr zur Normalität geben. Weil diese Normalität abnormal und antisozial war. Weil gerade diese Normalität versagte, als es um unseren Schutz ging. Weil sie schon vorher die Mehrheit der Weltbevölkerung nicht geschützt hat. Weil sie schon vorher nur eine kleine Minderheit geschützt hat. Diese Normalität ist für uns die größte Bedrohung. 

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